Nicht richtig durchatmen können
Ständiges Seufzen und Gähnen
Gähnen Sie des öfteren? Wahrscheinlich ja! Das tun wir alle. Aber manchmal häuft sich das Gähnen so stark, dass es wirklich lästig, ja für manche Menschen eine echte Beschwerden sein kann. Und das gleiche gilt für das Seufzen. Wir seufzen alle. Aber einige Patienten müssen ständig seufzen.
Oft geht das mit dem Gefühl einher, nicht richtig durchatmen zu können. Es ist wie eine innere Beklemmung und häufig verbunden mit Erschöpfung, innerer Anspannung, Schwindel und Benommenheit. Das kann Angst oder sogar Panik auslösen. Das wird manchmal Seufzerdyspnoe oder Seufzeratmung bezeichnet.
Was ist der Hintergrund des Gähnens und Seufzens? Wieso tun wir das eigentlich? Warum fühlen wir uns dabei manchmal so erschöpft? Warum wird es durch schnelles Atmen nicht besser? Gibt es dagegen eine Therapie?
Über das Seufzen
Warum seufzen wir? Natürlich weil wir es im Leben nicht leicht haben! Aber dann macht ein Seufzer der Erleichterung wenig Sinn!
Wir Seufzen aus ganz unterschiedlichen seelischen Veranlassungen heraus: Traurigkeit, Frustration, Lagenweile, Stress oder Überraschung. Wir geben mit einem Seufzer auf und wir äußern unsere Erleichterung durch so einen tiefen Atemzug.
Ausserdem: das Seufzen gibt es bei allen Säugetieren. Je kleiner desto häufiger! Ratten zeigen z.B. ihre Erleichterung über einen ausbleibenden Stromschlag durch einen Seufzer an.
Kurz: Seufzen ist ein sehr alter Reflex, der tief mit unserer Biologie verbunden ist. Dahe wird die Bedeutung des Seufzens auch völlig unabhängig von der Sprache oder Kultur weltweit verstanden.
Seufzen bei Babys
Am häufigsten seufzen wir alle am ersten Tag unseres Lebens. Rund 50 Mal pro Stunde! Bedauern wir es, aus der Geborgenheit in die Welt entlassen worden zu sein? Kaum!
Natürlich hat das Ganze mit der Entfaltung der Lunge zu tun, mit der das Neugeborene sich vom ersten Atemzug an beschäftigen muss. Dementsprechend nimmt das Seufzen auch im ersten Lebensjahr weiter ab und erreicht nach einem Jahr eine Frequenz von 20x/Stunde. Damit kommt es dem Erwachsenenwert von rund 12x/Stunde recht nahe.
Seufzen bei Erwachsenen

Ein Seufzer beim Erwachsenen ist
- in der Regel unbemerkt
- ein Dutzend Mal pro Stunde
- 2-5x so groß wie das normale Atemzugsvolumens von ca. 500 ml
- in der Folge eines normalen Atemzugs
- gefolgt von einer kurze Pause ohne Atmung
Einmal durchgelüftet!
Die häufigen Seufzer bei Babys geben einen wichtigen Hinweis: Das Seufzen dient wahrscheinlich, zumindest zum großen Teil, zur Belüftung der Alveolen, also der kleinsten Lungenbläschen. Sie werden bei der Ruheatmung nicht mit frischer Luft gefüllt. Also wird von Zeit zu Zeit durchgelüftet.
Und das ist beim Erwachsenen nicht anders. Würden wir nicht gelegentlich Seufzen, würde der Widerstand (resistance) in der Lunge zunehmen und das Atmen erschwert.
Nebenbei: Von diesen Lungenbläschen haben Sie mehrere hundert Millionen mit einer Gesamtfläche von rund 100 Quadratmetern.
Steuerung im Stammhirn

Die Steuerung der Atmung und damit auch des Seufzens liegt im Stammhirn (einem sehr kleinen Areal, dem Prä-Bötzinger-Komplex). Damit wir zur rechten Zeit atmen und seufzen, benötigt das Stammhirn ein paar Informationen.
Diese vermitteln sich über
- Dehnungsrezeptoren (Mechanorezeptoren) in der Lunge
- Chemorezeptoren für Sauerstoff und Kohlendioxid
Je niedriger der Sauerstoffgehalt und je höher der Kohlendioxidwert, desto schneller atmen wir. Studien zeigten, dass unser Kreislauf auf das Seufzen reagiert. Möglicherweise können wir mit dem vertieften Atmen Stressreaktionen des Kreislaufes wieder beruhigen.
Kleiner Reset: Zurück auf Anfang!
Unsere Atmung ist nicht immer völlig regelmäßig. Also z.B. stur 12 Atemzüge pro Minute. Sie ist manchmal einen Tick schneller und dann wieder langsamer. Gerade bei Stress nehmen diese Unterschiede zu: steigende Atemratenvariabilität.
Durch einen tiefen Seufzer-Atemzug wird diese Unregelmäßigkeit wieder unterbrochen, wie Untersuchungen zeigen. Alles zurück auf Anfang und eine neuer Zyklus beginnt. Seufzen, so einige Autoren, kann also als "Reset" für die Atmung verstanden werden.
Falscher Erstickungsalarm
Bei einigen Menschen ist jedoch die Wahrnehmung des CO2 im Blut problematisch und etwas zu fein geregelt. Wer zum Beispiel beim Schwimmen beinahe ertrunken ist, für den sind zwei Dinge unmittelbar zusammengekommen: Hoher CO2 im Blut und Lebensgefahr. In der Folge kann die Sensibilität gegenüber Kohlendioxid im Blut zunehmen und der Wert wird tiefer eingestellt.
Ähnliches gilt wohl für Panikattacken oder allgemein für Angststörungen. Diese Menschen sind dann ängstlicher, schreckhafter und sie ertragen es nicht gut, in engen Räumen mit vielen Menschen zu sein, da dort die CO2-Konzentration besonders hoch ist.
In solchen Fällen reagiert also die Lunge übertrieben auch auf kleinste Veränderungen des CO2 und löst diesen Schutzreflex der Atmung zu schnell und zu häufig aus.
Neue Erkenntnisse
Bei unseren Messungen fanden wir, dass in der Folge der erhöhten Sensibilität auf CO2 die Kohlendioxid-Konzentration im Blut zu niedrig reguliert wird. Über verschiedene Umwege führt das zu einer Minderdurchblutung des Gehirns mit typischen Symptomen:
- Benommenheit
- Konzentrationsstörungen
- Kopfdruck oder Kopfschmerz
- Sehstörungen
- Erschöpfung
- Schwindel
- Abgeschlagenheit
Mehr dazu auf den Seiten zur Hyperventilation
Über das Gähnen
Einfach nur merkwürdig
Gähnen ist ein Phänomen, das erstaunlicherweise kaum verstanden ist. Alle Menschen gähnen, zumindest dann und wann. Auch Tiere tun es, z.B. Hunde, Pferde, Löwen und sogar Fische. Doch warum? Das ist letztlich noch ungeklärt und nicht allein durch Müdigkeit bedingt. Bei Tieren werden höchst unterschiedliche Formen des Gähnens beobachtet.
Es gibt einige interessante Fakten:
- Gähnen dauert um 6 Sekunden an
- Tiere setzen Gähnen teils als Beschwichtigungsgeste teils auch als Drohung ein
- Es gibt enge Beziehungen zum Strecken
- Gähnen kann sowohl bei Stress als auch bei Müdigkeit vermehrt auftreten
- Gähnen ist morgens und abends häufiger, allerdings nur morgens von Strecken begleitet.
- Raubtiere gähnen häufiger als Pflanzenfresser
- Gähnen ist ansteckend, was sich über die Aktivierung von Spiegelneuronen erklären lässt. Patienten mit einer eingeschränkten Fähigkeit mitzufühlen (bei dissozialer, autistischer Störung oder Schizophrenie) ist Gähnen nicht ansteckend
- Gähnen könnte zur Temperaturregulation beitragen und die Kühlung des Gehirns begünstigen
- Gähnen tritt zwar bei Müdigkeit gehäuft auf - aber es macht nicht munter
- Bei einer Reihe von Hirnerkrankungen (z.B. Schlaganfall) kann Gähnen vermehrt auftreten, ebenso bei bestimmten Medikamenten (insbesondere Psychopharmaka)
- Verschiedene Neurotransmitter (u.a. Oxytocin, Dopamin) spielen beim vermehrtem Gähnen eine Rolle
Eindeutig ist, dass Gähnen ein überaus alter Reflex ist, der eine enge Beziehung zum Atemzentrum des Gehirns hat. Gleichzeitig hat das Gähnen eine soziale, kommunikative Bedeutung und trägt möglicherweise zu einer Harmonisierung von Gruppenaktivitäten bei.
Zwanghaftes Gähnen
Es gibt eine vergleichsweise häufige Symptomatik, bei der Menschen berichten, sie litten unter dem Bedürfnis, immer wieder gähnen zu müssen und dabei gleichzeitig das Gefühl zu haben, nicht richtig Luft zu bekommen oder nicht durchatmen zu können.
Häufig sind diese Beschwerden mit weiteren Symptomen kombiniert:
- Häufiges Seufzen
- Druck auf der Brust
- Beklemmungsgefühle in stickigen Räumen mit vielen Menschen
- Schlafstörungen
- Ängste
- Gelenk- oder Muskelschmerzen.
Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich in aller Regel kein krankhafter Befund. Lediglich eine Tendenz zu einem sog. Anstrengungs-Asthma oder empfindlichen, „hyperreagiblen“ Bronchialsystem kann vorhanden sein.
Ursachen
So unerklärlich die Symptomatik auf den ersten Blick wirkt, dahinter kann - natürlich nicht immer! - eine relativ einfache Störung verborgen sein: Ein chronische Atemstörung.
Dabei liegt eine Veränderung der Blutgase mit einer Erniedrigung des Kohlendioxidspiegels im Blut vor, was komplexe Folgen für die Atemregulation und den Stoffwechsel nach sich zieht.
Auch Assoziationen mit anderen Störungen der vegetativen Regulation, etwa Erschöpfungssyndromen und Schmerzsyndromen kommen vor.
Über das Gefühl nicht richtig durchatmen zu können
Kennen Sie das
Haben Sie das Gefühl, nicht richtig durchatmen zu können? Fehlt Ihnen die letzte Luft? Haben Sie gelegentlich ein Druckgefühl auf der Brust? Wird es Ihnen in Räumen mit vielen Menschen eng? Fühlen Sie sich manchmal kurzatmig, wenn Sie schnell die Treppe hochlaufen? Sind Sie erschöpft?
Wenn Sie einige diese Fragen bejaht haben, werden Sie möglicherweise auf dieser Seite Neues erfahren.
Atmung & Anspannung
Wenn wir Menschen unter Stress sind, dann stellt sich unser gesamter Körper auf eine mögliche Bedrohung von Außen ein: Muskelspannung, Blutdruck und Aufmerksamkeit für Außenreize steigt, Stresshormone zirkulieren. Auch die Atmung verändert sich. Wir atmen schneller und tiefer.
Das ist ein sinnvolles Muster, das sich über viele Millionen Jahre bewährt hat. Es zielt vor allem auf körperliche Reaktion, also Flucht oder Kampf.
Doch bei dem heutigen Stress macht körperliche Aktivität oft keinen Sinn. Konflikte werden nur selten mit der Faust ausgetragen. In solchen Fällen gehen unsere angeborenen Lösungen oft ins Leere.
Manche Menschen leiden in der Folge häufig unter anhaltend hohem Blutdruck, starker Muskelverspannung oder einer ständigen Reizbarkeit. Das hat natürlich auf die Dauer Konsequenzen, z.B. eine Hypertonie oder anhaltende Schmerzen.
Andere Personen entwickeln eine dauerhafte Stress-Atmung. Auch die hat Folgen. Wir nehmen dadurch vermehrt Sauerstoff auf und geben übermäßig Kohlendioxid ab. Überraschenderweise hat der Sauerstoff kaum Auswirkungen. Bereits im Normalzustand ist bei gesunden Menschen dessen Konzentration kurz vor dem Maximum (95 – 98%).
Doch der Abfall des Kohlendioxids hat dafür umso größere Folgen. Dieses Gas hat nämlich erstaunlich vielfältige Auswirkungen auf die Körperregulation. Hier soll nur eine erwähnt werden.
Kohlendioxid und Durchblutung
Wenn Kohlendioxid abfällt, dann stellen sich die kleinen Arterien (Arteriolen) im Gehirn enger. Die Durchblutung nimmt ab. Dieses Phänomen ist gut bekannt oder durch zahlreiche Untersuchungen belegt. Es wird bereits in den neueren Lehrbüchern der Physiologie erwähnt.
Erklären lässt sich das so: Unser Gehirn ernährt sich ausschließlich von Zucker (Glukose), die es mithilfe von Sauerstoff zu Kohlendioxid und Wasser verbrennt. Verbraucht eine Region wenig Energie, dann macht es keinen Sinn viel Blut dorthin zu leiten. Also wird der Zufluss verringert.
Genauso umgekehrt: Wird viel Zucker verbrannt, steigt die Kohlendioxidkonzentration. Die Blutgefäße werden weit gestellt, um viel Sauerstoff und Zucker in die aktiven Hirnregionen zu leiten.
Fällt jedoch die Konzentration des Kohlendioxids in Folge beschleunigter Atmung bei Stress reagieren die Blutgefäße des Gehirns genauso, als würde weniger Blut benötigt. – Sie stellen sich ebenfalls eng!
Jetzt kommt weniger Sauerstoff und Zucker ins Gehirn. In einigen Regionen tritt jetzt eine Minderdurchblutung ein, obwohl der Bedarf völlig unverändert hoch ist. Jetzt kommt es dort zu Ausfallserscheinungen.
Regionale Minderversorgung des Gehirns
Je nach betroffener Hirnregion sind diese unterschiedlich:
Beeinträchtigung der Sauerstoffversorgung: Luftnot, Lufthunger, Gefühl durchatmen zu müssen.
Beeinträchtigung der Zuckerversorgung (Glukose): Unterzuckergefühle und Heißhunger
Allgemeine Symptome: Benommenheit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Merkfähigkeitsstörungen, Vergesslichkeit, Abgeschlagenheit
Abfall des Hirndrucks: Druckgefühle im Kopf, Druck hinter den Augen, neben den Schläfen, Helmdruck, Reifen um den Schädel, Druck im Nacken
Beeinträchtigung des Gleichgewichts Schwindel, Desorientierung, Gangunsicherheit.
Beeinträchtigung der Sehzentrums (Sehrinde): Unscharfes Sehen, wechselnde Sehschärfe, Tunnelblick, Schwindel bei schnellen Bewegungen
Beeinträchtigung des Hörens: Tinnitus, Druck im Ohr, Gefühl, als ob die Geräusche aus weiter Ferne kämen.
Woher kommt also das Gefühl nicht durchatmen zu können?
Durch die verminderte Durchblutung kommt nun tatsächlich zu wenig Sauerstoff in einzelne Hirnregionen. Unser Denkorgan beschweren sich also zu Recht über die Mangelversorgung und melden: Sauerstoffmangel!
Doch dieser Abfall des Sauerstoffs ist nicht im ganzen Körper. Wer in solchen Fällen den Sauerstoff am Finger misst, kommt zu normalen, meist sogar fast maximalen Werten (97 - 100%). Wer also mit diesem Gefühl der Atemnot in die Notaufnahme kommt, riskiert belächelt zu werden. „Ist doch alles bestens“, mag der Arzt dort sagen.
Die meisten Patienten reagieren dennoch mit noch tieferen Atemzügen sowie mit Gähnen und Seufzen, um endlich aus der Atemnot heraus zu kommen. Das ist grundsätzlich verständlich, doch das macht es noch schlimmer!
Sauerstoff ist bereits im Blut maximal gesättigt. Selbst wenn wir maximal schnell atmen, mehr kann einfach nicht hinein. Allerdings wird durch die beschleunigte Atmung gleichzeitig mehr Kohlendioxid abgegeben – und dann verengen sich die kleinen Hirngefäße noch zusätzlich. Die Versorgung mit Sauerstoff nimmt ab! Ein Teufelskreis!
Am Ende stehen die betroffenen Patienten am offenen Fenster versuchen immer tiefer zu atmen während die Beschwerden gleichzeitig immer schlimmer werden. Nicht selten endet das in Panikgefühlen oder Panikattacken.