Ein windiges Thema
Blähungen
Ein wenig Luft im Bauch ist ein normales Phänomen, das bei Mensch und Tier gleichermaßen bekannt ist. Im Regelfall stören die Gase nicht und verursachen vor allem keine Schmerzen. Ein Windchen kann lediglich zu zwischenmenschlichen Komplikationen führen, wenn es im falschen Moment das Licht der Welt erblickt.
Die Kontrolle des luftigen Phänomens gilt als Selbstverständlichkeit. Gelingt es nicht, wird der Betreffende oft Zielscheibe von Ironie und Spott. Was also im Alltag meist nur Schmunzeln oder Stirnrunzeln erregt, kann für einige Menschen zur echten Krankheit werden, die nicht unerheblich einschränkt.
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Maria - eine zweite Geschichte
Für Maria, eine 54jähige Lehrerin, ist das Thema alles andere als amüsant. Für sie beginnt jeder Tag gleich. Am Morgen ist die Welt noch in Ordnung. Der Bauch ist flach und friedlich. Doch spätestens nach dem Frühstück entsteht Unruhe im Leib. Manchmal so laut, dass ihr Mann scherzhafte Bemerkungen darüber macht. In der Schule kann sie dann verfolgen, wie Rock oder Hosen langsam spannen. Der Bauch wird zunehmend dicker. Aus Erfahrung klug, trägt sie dehnbare Kleidung und kaschiert die Figur mit locker anliegenden Pullis oder Jacken. Dennoch sind die Veränderungen sichtbar. Bis zur Mittagszeit hat sie das Gefühl, wie aufgeblasen zu sein. Schmerzen setzen ein. Maria kann sich zunehmend schlechter auf den Unterricht konzentrieren. Wie kann sie die Luft nur ablassen, ohne zum Spott der Klasse zu werden? Verkneift sie sich jedoch die Entlastung, protestiert der Darm mit Schmerzen und manchmal auch mit so heftigen Krämpfen, dass sie kaum mehr stehen kann. Oft rettet sie sich dann nur mit Mühe in die Pause, in der sie sich endlich von den Gasen befreien kann.
Zwar geht es Maria am Nachmittag besser, da sie zuhause keine Rücksicht auf scharfzüngige Schüler nehmen muss. Doch der Bauch sieht spätestens am frühen Abend aus, als sei sie im 6. Monat schwanger. Dann hat sie den Eindruck, als ob sie schlechter Luft bekomme, der dicke Bauch die Atmung behindere.
Maria hat fast alles versucht, um der Beschwerden Herr zu werden. Natürlich hat sie alles Blähende vom Speiseplan gestrichen. Penibel versucht sie, mit detektivischem Spürsinn zu ergründen, auf welche Nahrungsmittel der Darm so übertrieben reagiert. Das Ergebnis ist ernüchternd. Selbstverständlich sind Bohnen und anderes blähendes Gemüse für sie tabu. Doch manchmal verträgt sie eine bestimmte Kost besser, dann wieder überhaupt nicht.
Auch die medizinische Hilfe erwies sich als begrenzt. Eine Ursache hatte sich bei den zahlreichen Untersuchungen inklusive Magen- und Darmspiegelungen nicht finden lassen. Medikamente gegen die Blähungen helfen allenfalls kurzfristig. „Sie müssen sich damit abfinden“, ist schließlich die Aussage eines Arztes gewesen.
Fakten
Blähungen sind streng genommen nur ein Symptom, das sehr viele Hintergründe haben kann. Sehr häufig sind diese luftigen Beschwerden Teil eines Reizdarmsyndroms. Daher ist es für ein besseres Verständnis hilfreich, sich die Ausführungen zum Reizdarm durchzulesen, bzw. Filme dazu anzusehen.
Was sind Blähungen?
Unter Blähungen, medizinisch „Meteorismus“, versteht man eine übermäßige oder unangenehme Ansammlung von Gasen im Verdauungskanal. Sie sind dann besonders störend, wenn sie nicht als Winde, medizinisch „Flatus“ bzw. „Flatulenz“, abgehen.
Ausserdem muss zwischen zwei Gruppen unterschieden werden:
- Bei einigen Patienten kommt es zu einer deutlich sichtbaren und messbaren Umfangzunahme des Bauches. Die Hosen werden am Nachmittag/Abend zu eng.
- Die andere Gruppe klagt über Symptome wie Spannungsgefühle, Unruhegefühlen, Schmerzen, Unwohlsein im Bauchraum ohne erkennbare Schwellung.
Bei jedem Verdauungsprozess entstehen Gase. Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Quellen. Bereits beim Essen verschluckt der Mensch unwillkürlich etwas Luft, je hastiger die Nahrungsaufnahme erfolgt, desto mehr. Gut 2 Liter Luft kann so im Laufe des Tages aufgenommen werden. Doch was mit dieser Luft in der Folge passiert, ist unterschiedlich. Bei Menschen ohne Beschwerden wird diese schnell durch den Darm transportiert. Bei Patienten mit Beschwerden vermultich zurückgehalten.
Doch auch im Darm entstehen Gase. Die Quelle sind die Darmbakterien, die hier in einer kaum vorstellbaren Menge zuhause sind. Ihre Zahl übertrifft die Menge der Körperzellen um das Zehnfache. Wie unsere Körperzellen haben sie einen eigenen Stoffwechsel, nehmen Nahrung auf und haben Ausscheidungen, z.B. Methan, Wasserstoff, Stickstoff und Kohlendioxid. In kleineren Mengen entstehen auch Faulgase wie Schwefelwasserstoff, dessen Geruch nach faulen Eiern traurige Berühmtheit erlangt hat.
Wie viel Gas kann entstehen?
Wie viel Gas unsere kleinen Mitbewohner produzieren, dürfte starken Schwankungen unterliegen. Auch sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ganz eindeutig. Während in manchen medizinischen Fachartikeln von 2-3 Litern ausgegangen wird, sprechen andere von erheblich größeren Quantitäten. Rund 10 Liter Wasserstoff und 5 Liter Methan sollen die Bakterien herstellen. Dutzende Liter sollen möglich sein, wenn die Mikroben besonders fleißig sind.
Im Vergleich zu manchen Tieren sind das jedoch nur Geringfügigkeiten. Eine ausgewachsene Kuh soll es auf rund 300 Liter Methangas pro Tag bringen. Solche Mengen des Treibhausgases Methan, können angesichts der Anzahl von Milchvieh dem Erdklima bereits gefährlich werden.
Nicht alles, was an Luft über die Nahrung aufgenommen wird oder im Darm als Gas entsteht, muss auf natürlichem Weg wieder entweichen. Ein Teil der Luft kann durch Aufstoßen (Rülpsen) abgegeben werden. Noch wichtiger ist allerdings die Fähigkeit des Darmes, Gase aufnehmen zu können. Die meisten Gase gehen leicht vom Darm ins Blut hinein, gelangen zur Lunge und werden dort abgeatmet. So erklärt sich, dass ein aufgeblähter Bauch im Laufe der Nacht wieder flach wird: Die Darmgase wurden über die Lunge entsorgt, was sich dann gelegentlich als „schlechter“ Atem oder ein unangenehmer Geschmack im Mund äußern mag.
Nur das, was nicht von der Darmschleimhaut aufgenommen wurde, wird weitertransportiert und gelangt als Winde ins Freie. Bis zu 2 Liter gelten als normal.
Häufigkeit der Beschwerden
Praktisch alle Menschen haben irgendwann einmal einen aufgeblähten Bauch. Echte Beschwerden macht das nur bei 15-30%. In einer amerikanischen Untersuchung klagten 15% aller Befragten allein im vergangenen Monat über unangenehme Luft im Bauch. Die Anzahl der schwer Betroffenen ist unklar.
Diagnostik
Ganz einfach: Maßband
Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, empfiehlt es sich, als erste Maßnahme den Blähbauch auszumessen. Ein Maßband ist hier von Nutzen. Je einmal wird am Morgen, am Mittag und schließlich abends genau über dem Bauchnabel gemessen.
Die Methode ist alles andere als perfekt, doch gibt sie einen ersten Anhaltspunkt, wie stark die Umfangschwankungen tatsächlich sind. Sind es mehrere Zentimeter, dann spricht dies für eine vermehrte Gasproduktion.
Ein Arzt beklopft den Bauch und kann am typischen hohlen Geräusch feststellen, wo sich die Luft befindet. Ebenso verraten die Geräusche, die er mit dem Stethoskop hört, einiges über die Art der Luft im Darm. Objektiver geht das mit einer Ultraschalluntersuchung, bei der sich luftgefüllte Darmschlingen deutlich abzeichnen.
Die Magen- oder Darmspiegelung hilft nur bei speziellen Fragestellungen weiter; etwa um auszuschließen, dass organische Veränderungen wie Engstellen die Ursache der Beschwerden sind.
Atemtest
Wir nehmen jeden Tag unzählige Zuckerarten auf. Nicht nur den bekannten Haushaltszucker sondern z.B. genauso den Fruchtzucker (med. Fruktose) oder Milchzucker (med. Laktose) sowie viele weitere.
Für viele dieser Zuckerarten benötigen wir spezielle Enzyme in der Darmschleimhaut. Sind diese vorhanden, gelangt der jeweilige Zucker problemlos ins Blut.
Fehlen diese Enzyme, dann rutscht der Zucker weiter durch den Darm und gelangt bis in den unteren Dünndarm und den Dickdarm, wo sich hungrige Bakterien freudig davon ernähren. Sie teilen sich so schnell wie die Hefezellen und produzieren dabei verschiedene Gase. Eines davon ist das Wasserstoffgas. Dieses wird ins Blut aufgenommen und über die Lunge abgeatmet.
Folgende Zuckerarten können so – jeweils getrennt – untersucht werden.
- Laktose
- Glukose
- Sorbit
- Fruktose
- Galaktose
- Saccharose
- Xylose
- Laktulose
Kein Befund
In vielen Fällen findet sich weder eine Auffälligkeit bei den Atemtests noch eine relevante Anschwellung des Bauches am Abend. Dennoch klagen die Betroffenen über erhebliche Beschwerden. Was liegt dann vor? Sind die Menschen nur ein wenig „empfindlich“?
Wie beim Reizmagen- und Reizdarmsyndrom hat eine erhöhte Sensibilität für die Wahrnehmung der Verdauungsprozesse eine sehr wesentliche und lange Zeit unterschätzte Bedeutung. Bei der Verarbeitung der Nahrung ist der Körper recht kräftig damit zu Gange. Er benützt konzentrierte Säure und Lauge, knetet und walkt. Dennoch werden diese Prozesse in aller Regel ausgeblendet, da wir uns seit der Zeit im Mutterleib daran gewöhnen konnten.
Einige Menschen nehmen die Vorgänge jedoch stärker wahr als andere. Sie müssen nicht notwendigerweise tatsächlich mehr Blähungen haben. Die Reize gelangen jedoch wie beim Reizmagen nur unmittelbarer ins Gehirn. Leicht entsteht ein Teufelskreis. Die erhöhte Wahrnehmung der Blähungen veranlasst diese Menschen, vermehrt auf den Darm zu achten. Die Aufmerksamkeit senkt die Reizschwelle usw.
Wichtig ist es, die erhöhte Sensibilität nicht mit „Einbildung“ zu verwechseln. Hier gilt das, was über „eingebildeten Schmerz“ gesagt wurde.
Häufig mischen sich die Ursachen für die Blähungen, z.B. kann neben einer Laktose-Unverträglichkeit auch eine erhöhte Sensibilität vorliegen.
Ursachen
Wie so häufig in der Medizin gibt es für das gleiche Phänomen ein ganzes Bündel verschiedener Ursachen. Die wichtigsten seien hier genannt.
Bauchmuskeln - ein Sixpack schützt
Bauchmuskeln und Figur: Wenn es im Darm rumpelt und bläht, dann geht es dort zu wie in der Küche, wenn der Hefekuchen gärt. Nahrung, Luft und Flüssigkeit ergeben ein schaumiges Gebilde. Die Darmwände werden überdehnt, entsprechende Beschwerden sind die Folge. Je weicher die Darm- und Bauchwände, desto besser kann sich der Schaum ausdehnen. Es ist wie bei einem weichen, vorgedehnten Luftballon. Er lässt sich leichter aufblasen.
Doch es geht auch anders. Straffe, muskulöse Bauchdecken begrenzen die Ausdehnung der Därme und geben ihnen Halt. Nun erhöht sich zwar der Druck im Darm. Doch das hat auch sein Gutes. Der höhere Gasdruck verbessert die Aufnahmefähigkeit des Blutes für die unerwünschten Schwaden. Sie gehen leichter und in größeren Mengen ins Blut hinein. Je höher der Druck, desto mehr Gase gehen ins Blut.
Kurz: Straffe Bauchdecken begrenzen die Ausdehnung der Darmwände und verbessern die Gasaufnahme.
Risiko: Verstopfung – Obstipation
Verstopfung: Ganz ähnlich verschlechtert auch eine chronische Verstopfungsneigung den Blähbauch. Harter Stuhl im Enddarmbereich führt zu einer stärkeren Aufdehnung der Darmwände. Das Volumen des Hohlorgans nimmt zu, gleichzeitig reduziert sich die Wandspannung. Die blähenden Gase haben leichteres Spiel.
Risiko: Laktose-Unverträglichkeit
Kohlenhydrat-Unverträglichkeiten: Viele Menschen können bestimmte Zuckerarten schlecht aufnehmen. Am bekanntesten ist die Laktose-Intoleranz. Bei der Verdauung des Milchzuckers (med. Laktose) spaltet ein Enzym (Laktase) diesen in zwei Teile (Galaktose und Glukose), die dann getrennt aufgenommen und verarbeitet werden können.
Während Babys stets genügende Mengen des Zuckerspalters produzieren, ist dies bei Erwachsenen sehr viel seltener, da die Menschheit früher keine Milch jenseits des Säuglingsalters zu sich genommen hat. Die Mehrheit der Weltbevölkerung (besonders in Afrika, Asien, Südamerika) ist daher nicht in der Lage Milchzucker problemlos zu verdauen.
Trinken diese Menschen ein Glas Milch, kann der Milchzucker nicht aufgenommen werden und es kommt zum Bakterienwachstum. Unsere kleinen Mitbewohner vergären den Milchzucker zu Milchsäure (riecht säuerlich), Methan und Wasserstoff. Es kommt zu Blähungen und ggf. auch Durchfall.
In Ländern, die schon lange Zeit Milchwirtschaft betreiben, hat sich ein Gen durchgesetzt, dass auch in höherem Lebensalter erlaubt, folgenlos einen Cappuccino zu genießen. Dabei gilt auch hier, dass diese Fähigkeit um so mehr abnimmt, je weiter wir uns vom Babyalter entfernen. Wenn es jenseits des Rentenalters im Bauch rumort, sollte man daher stets an die Milchzucker-Unverträglichkeit denken.
15-25% aller Mitteleuropäer sollten jedoch besser auf Milch verzichten. Sie dürfen sich damit trösten, dass es ihnen nicht besser als 90% der Weltbevölkerung geht. Meidung ist die Therapie der Wahl, wobei zunehmend auch laktosefreie Produkte (Milch, Joghurt) im Handel erhältlich sind, die weniger oder keine unerwünschten Folgen zeigen.
Risiko: Fruktose & Co.
Es gibt eine ganze Reihe von weiteren Zuckerarten, die von manchen Menschen schlecht oder gar nicht aufgenommen werden können. Dazu zählt der Fruchtzucker (Fruktose), der Holzzucker (Xylose), Sorbit (Zuckeraustauschstoff) oder Maltose (Malzzucker). Sie können gleichermaßen zu vermehrten Darmgeräuschen, Blähungen und Durchfall führen. Auch hier ist Meidung oder zumindest eine Mengenbegrenzung die Therapie der Wahl.
Alle genannten Unverträglichkeiten lassen sich recht sicher durch einen Atemtest diagnostizieren.
Risiko: Hektik und Luft schlucken
Beim normalen Essen und Trinken kann auch etwas Luft mit in den Magen gelangen. Wer hektisch die Nahrung herunterschlingt, der ist besonders betroffen. Auch eine verborgene innere Anspannung kann das Phänomen verstärken. Rauchen, kohlensäurehaltige Getränke, Kaugummi und schlecht sitzende dritte Zähne sind weitere Risikofaktoren für das Luftschlucken, med. Aerophagie.
Luftschlucken (Aerophagie) wird in manchen medizinischen Lehrbüchern als Hauptproblem dargestellt. Die größte Menge des Gases würde so entstehen. Doch dem widersprechen neuere Arbeiten. Zum einen würde verschluckte Luft zum größten Teil durch Rülpsen wieder entfernt. Zum anderen werden die Gase Sauerstoff und Kohlendioxid rasch im Dünndarm aufgenommen und der verbliebene Stickstoff bei Gesunden rasch durch den gesamten Darm transportiert um als Winde auf natürliche Weise ausgeschieden zu werden.
Bei Experimenten wurde so künstlich in den Darm eingeleitete Luft von Gesunden praktisch vollständig in kurzer Zeit wieder ausgeschieden. Anders jedoch bei Menschen, die unter einer Reizdarmsymptomatik leiden. Hier wurde Luft im Darm zurückgehalten.
Risiko: Bohnen & Co.
Einige Nahrungsmittel enthalten für uns unverdauliche Stoffe, die lediglich den Darmbakterien zum Fraß fallen. In der Folge entstehen dann Gase wie bei der Hefe-Gärung.
Hülsenfrüchte enthalten die Zuckermoleküle Rhamnose und Stachyose. Beide sind für uns nicht verwertbar, was die bekannten Folgen zeigt („Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen“).
- Zwiebeln|Rosenkohl|Weizenkleie
- Staudensellerie|Knoblauch|Vollkornbrot
- Kohl|Karotten|Knäckebrot
- Hülsenfrüchte|Rosinen|Linsen
- Eier|Bananen|Bohnen
- Sauerkraut|Pflaumen|
- Erbsen|Aprikosen|
Risiko: Fett
Fett führt zur einer Verlangsamung des Darmtransportes. Somit wird auch vermehrt Gas zurückgehalten. Somit würde sich erklären, warum auf fettreiche Nahrung die Symptome zunehmen.
Risiko: Darmbakterien – zu viel des Guten
Obwohl im Dünndarm die Nahrungskonzentration am höchsten ist, ist er fast frei von Bakterien. Mit 1000 bis 10.000 Bakterien pro Gramm enthält er weniger Keime als manches Lebensmittel.
Der Dickdarm ist dagegen eine echte Brutstätte. Eine Billion Bakterien (1.000.000.000.000) befinden sich hier in einem einzigen Gramm Stuhl.
In manchen Fällen ist jedoch der Dünndarm vermehrt von Bakterien bewohnt. Medizinisch spricht man von einem Überwachstums-Syndrom („overgrowth“). Auch in solchen Fällen kommt es zu einer vermehrten Gasbildung.
Weitere Risikofaktoren
Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse: Eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) führt zu einer massiven Einschränkung der Verdauung und ist eine schwere, nicht ungefährliche Erkrankung. Sowohl in der akuten Phase als auch im Anschluss kann es zu Durchfall durch Blähungen kommen.
Auch andere Erkrankungen können zur einer vermehrten Darmgasbildung führen (Gallenerkrankungen, Virusinfekte usw.).
Therapie
Viele einfache therapeutische Maßnahmen lassen sich problemlos aus den Ausführungen über die Ursachen der Blähungen ableiten.
Sixpack !
Bauchmuskeln: Sich reichlich Bauchmuskeln anzutrainieren, ist eine hervorragende Maßnahme gegen die lästigen Winde. Es muss nicht unbedingt ein Waschbrettbauch sein, doch je stabiler die Muskeln, desto weniger können sich die schaumigen Gase im Inneren des Bauchs ausdehnen.
Der Aufbau der Bauchmuskeln geht oft schneller als Sie vielleicht vermuten. Versuchen Sie einmal 4 Wochen lang morgens und abends ein paar gezielte Übungen für wenige Minuten. Welche Übungen geeignet sind, finden Sie in vielfältiger Weise im Internet.
Flohsamen/Leinsamen
Geregelte Verdauung: Wer unter Verstopfung leidet, kann etwas dagegen tun. Als erste Maßnahme empfiehlt sich die Verwendung von Leinsamen oder – besser – Flohsamen, die es in der Apotheke zu kaufen gibt.
Zucker & Co.
Wer unter einer Unverträglichkeit leidet, sollte selbstredend die entsprechenden Zuckerarten meiden. Die Einnahme des fehlenden Enzyms (Laktase) bei der Laktoseintoleranz in Tablettenform ist in der Regel nur wenig hilfreich. Das Ausweichen auf Laktose-freie Milchprodukte erweist sich meist als wirkungsvoller.
Schwieriger ist es, der Fruktose auszuweichen, da sie nicht nur im Obst sondern auch im Gemüse, Saft, Bier und Wein vorhanden ist.
Hier gibt es jedoch einen kleinen Trick. Für Fruchtzucker gibt es nämlich zwei Transportwege. Auf dem einen wird nur die Fruktose ins Blut befördert. Beim zweiten wird sie „huckepack“ von anderen Zuckerarten und auch Eiweißbausteinen mitgenommen. So kommt es, dass manche Obstsorten (Trauben, Birnen) besser vertragen werden, wenn sie zusätzlich mit Zucker überstreut werden.
Ruhe und Entspannung
Je ruhiger und genussvoller eine Mahlzeit abläuft, desto weniger Luft wird dabei unwillkürlich geschluckt. Ein im Stehen hastig heruntergewürgtes Brötchen in der Mittagspause rächt sich durch anschließende Beschwerden.
Eine angenehme, entspannte Atmosphäre beim Essen, vielleicht eine kurze Entspannungsübung vor der Mahlzeit, sind zu empfehlen, falls vermehrtes Aufstoßen nach dem Essen ein Problem darstellt.
Atemtherapie
In die gleiche Richtung zielt regelmäßige Atemtherapie. Je entspannter das Zwerchfell, je ruhiger der Atemfluss, je höher (!) der Kohlendioxidgehalt des Blutes, desto mehr entspannt sich der Magen-Darm-Trakt.
Colonmassage
Ist die Gasbildung mehr oder weniger normal, die Wahrnehmung der Darmbewegung bzw. Dehnung jedoch übermäßig sensibel, dann reicht eine Ernährungsumstellung in der Regel nicht aus. Zwar sorgt eine vorübergehende Periode der Schonkost für Entlastung vor Reizen aus dem Bauchraum, es sind jedoch weitere Maßnahmen notwendig, um die Reizschwelle anzuheben. In aller Regel ist sie nicht nur in Bezug auf den Verdauungskanal reduziert, sondern betrifft auch andere Bereiche.
Um diese erhöhte Reizbarkeit zu vermindern, können zahlreiche Verfahren eingesetzt werden. Seit langem kennt man in der Physiotherapie die sog. „Colonmassage“ (Colon = Dickdarm). Es handelt sich um eine sanfte Streichmassage, bei der ein Therapeut kreisförmige Massagebewegungen um den Nabel ausführt. Ein Arzt kann diese Massagen verordnen.
Bauchwickel
Ein warmer Wickel kann eine Wohltat sein. Man benötigt dazu zwei große und ein kleines Handtuch. Das kleine Handtuch in sehr heißes Wasser getaucht und vorsichtig ausgewrungen, bis kein Wasser mehr heraustropft. Sobald die Temperatur auf der Haut erträglich ist, wird das heiße Tuch auf den Bauch gelegt und mit dem großen Handtuch fest um den Leib gewickelt. Das zweite Badehandtuch sorgt dafür, dass die Matratze nicht feucht wird. Nun deckt man sich mit einer Decke zu und kann für 15-30 min ruhig entspannen.
Multimodale Therapie
Manchmal haben die Betroffenen schon alles versucht. Sie ernähren sich nur von nicht-blähenden Nahrungsmitteln, trinken keine Getränke mit Kohlensäure, versuchen zu entspannen, vermeiden Milch usw. Trotzdem zeigt sich der Bauch unbeeindruckt von all diesen Anstrengungen; er drückt und schmerzt, Frauen haben den Eindruck sie seien in den letzten Schwangerschaftsmonaten.
In diesen Fällen ist meist eine Kombination verschiedener Therapieverfahren notwendig, also eine multimodale Therapie.