Kälte, Wind & Wolken
Wetterfühligkeit
Rund 50% aller Menschen geben an, sie seien „wetterfühlig“. 20% sind sogar sehr abhängig vom Wetter. Jedem ist sofort klar, was damit gemeint ist. Beim Versuch, dieses Phänomen klarer zu fassen, stellen sich jedoch gleich einige schwer zu beantwortenden Fragen, die auf dieser Seite diskutiert werden soll.
Wetterfühligkeit - Wetterempfindlichkeit
Wetterfühligkeit
Grundsätzlich werden darunter Symptome verstanden, die mit dem Wetter zusammen hängen. Bei einigen Beschwerden liegen sogar exakte Zahlen aus Umfragen vor. Diese Werte sind über die letzten Jahre relativ konstant.
Dies sind vor allem:
- Kopfschmerzen oder Migräne (59%)
- Abgeschlagenheit (49%=
- Benommenheit
- Müdigkeit
- Schlafstörungen (40%)
- Gelenk- oder Muskelschmerzen (42%)
- Gereiztheit
- Konzentrationsstörungen
- Nervosität
Rund 30% der Befragten geben an, wegen der Beschwerden zumindest einmal nicht zur Arbeit gegangen zu sein.
Wetterempfindlichkeit
Von der Wetterfühligkeit lässt sich die Wetterempfindlichkeit abgrenzen. Der Unterschied: Wetterfühlige Menschen sind eigentlich gesund, wetterfühlige leiden meist unter chronischen Krankheiten, die sich dann aber verstärken oder mit zusätzlichen Beschwerden bemerkbar machen. Beispiele:
- Hoher und niedriger Blutdruck
- Migräne
- Herzschwäche
- Angina pectoris
- Gelenkrheuma
- Thromboseneigung u.a.
Häufigkeit
Häufigkeit
Etwa jeder zweite Deutsche soll unter Wetterfühligkeit leiden. 20% berichten sie würden besonders stark betroffen sein. Besonders:
- Frauen (2:1), besonders nach der Menopause
- Ältere (70% bei 60-jährigen)
- Chronisch Kranke
- Menschen mit funktionellen Störungen
- Menschen mit erhöhter Sensibilität
Symptome
Vegetative Beschwerden
Wenn Sie die obigen Beschwerden lesen und sonst auch auf dieser Website gesurft sind, dann kommen Ihnen die Beschwerden wahrscheinlich irgendwie vertraut vor. Sind das nicht die gleichen Symptome, die z.B. beim Reizdarm, bei der Fibromyalgie, funktionellen Beschwerden oder dem CFS-Syndrom vorkommen? - Sie sind es!
Wetterfühligkeit ist also kein spezifisches Symptom sonder ein unspezifisches Krankheitsbild, bei dem die vegetative Regulation gestört ist. Dementsprechend vielgestaltig ist auch die Symptomatik.
Wassereinlagerungen
Besonders wenn es feucht und heiß ist, leiden viele Menschen unter vermehrten Wassereinlagerungen (med.: Ödeme). Diese Schwellungen sind teils als unangenehme Spannungen fühlbar, teils kann man sie an Händen, Füßen und im Gesicht auch sehen.
In dieser Zeit fühlt man sich nicht nur unwohl, viele Menschen leiden dann auch unter vermehrten Schmerzen in Muskeln und Gelenken.
Eine Erklärung für dieses Phänomen könnte sein, dass Menschen mit vermehrten Wassereinlagerungen die Luftdruckschwankungen unmittelbarer wahrnehmen können. Vergleichbar wäre die erhöhte Schmerzempfindlichkeit in geschwollenen Körperpartien.
Welche Wetterlage verursacht welche Beschwerden?
Wenn Sie das Biowetter in der Zeitung lesen, dann fällt Ihnen möglicherweise auf, dass das irgendwie „schwammig“ klingt.
Die Warnhinweise betreffen immer wieder die gleichen Krankheitsgruppen: Asthmatiker, Herzkranke, Menschen mit niedrigem oder hohem Blutdruck, Allergiker, Migränepatienten, Kinder, Alte...
Geht das nicht präzise: Heute steigt der Blutdruck. Morgen bekommt man leichter Kopfschmerzen!
Das geht nicht: Denn die Einflüsse sind absolut unspezifisch. Sie stören die körpereigene Regulation ganz allgemein und das kann zu einer Vielzahl von Beschwerden führen.
Menschen mit einem labilen Vegetativum sind häufiger betroffen. Wer dagegen einen felsenfesten Schlaf hat, morgens regelmäßig pünktlich zur Toilette geht, wem Blutdruckschwankungen fremd sind, der wird auch kaum unter Wetterfühligkeit leiden.
Am ehesten gelten noch folgende Regeln:
- Starke Wetteränderungen verursachen stärkere körperliche Reaktionen als geringe Wetterschwankungen.
- Starke Änderungen der Luftmassen (wenn z.B. eine Tiefdruckzone kommt) begünstigen vegetative Beschwerden.
- Menschen mit Bluthochdruck reagieren häufiger auf den Durchzug einer Kaltfront.
- Stabile Hochdrucklagen sind das klassische "Wohlfühlwetter".
Keine Luft bei schwül-warmer Luft
Ursachen
Bestimmte Wetterlagen werden häufig mit diesen Beschwerden in Zusammenhang gebracht. Eindeutig ist, dass extreme Hitze und Feuchtigkeit zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit führt: Besonders eindrucksvoll konnte man das bei der Hitzeperiode im Sommer 2003 feststellen. Hier kam es zu einer deutlich erhöhten Sterblichkeit in der Bevölkerung.
Der Zusammenhang zeigt sich auch in den „normalen“ Jahren. Bis zu 25% steigt die Sterblichkeit an, wenn hohe Temperatur mit Windstille gepaart ist, so eine Studie in Baden-Württemberg zwischen den Jahren 1968-1997.
Wie wirkt das Wetter auf uns?
Es scheint eindeutig zu sein: Wenn das Wetter umschlägt, wenn es feucht und schwül ist, wenn es eklig kalt ist, dann geht es uns schlecht. Aber leider lässt sich das nicht so einfach exakt fassen.
Die Wissenschaft tut sich mit der Wetterfühligkeit schwer.
Hier einige der wahrscheinlichsten Erklärungsansätze für das Phänom:
Druckschwankungen
Erwachsene haben eine Hautoberfläche von ca. 2 Quadratmetern. Das entspricht 20.000 Quadratzentimetern. Auf jedem einzelnen dieser Quadratzentimeter lastet ein Druck von 1 kp! D.h. zusammengerechnet lastet ein Druck von 20 Tonnen auf jedem von uns.
Zum Glück merken wir davon nichts, da der Druck innen wie außen gleich ist. Wir schwimmen in der Luft wie ein Fisch im Wasser!
Wenn der Druck sich ändert, können Druckschwankungen von wenigen bis zu mehreren hundert Kilogramm auftreten. Sind wir gesund, merken wir wenig. Ist unsere Regulationsfähigkeit jedoch eingeschränkt, kann das unseren Kreislauf belasten.
Trifft ein Hoch- auf ein Tiefdruckgebiet, können "Schwerewellen", also niederfrequente Luftdruckschwankungen, auftreten. Die Frequenzen reichen von 0,001 Hz bis mehrerer Hz. D.h. von einer Schwingung pro Viertelstunde bis mehrere Schwingungen pro Sekunde. (Für die Fachleute: Die Amplitude reicht von 0,01 hPa bis zu 3 hPa in Extremfällen).
In anderen Worten: Menschen werden rhythmisch gedrückt und wieder losgelassen. Das registrieren die "Barorezeptoren" also die Druckfühler an der Halsschlagader und der Aorta, die für den Blutdruck verantwortlich sind. Wer hier besonders sensibel ist, der versucht, die Druckschwankungen auszugleichen und regelt den Blutdruck einmal hoch und dann wieder herunter.
Es lässt sich leicht vorstellen, dass dies dann zu Beschwerden (Kreislaufstörungen, Schwindel) führt und auf die Dauer auch anstrengend ist (Erschöpfung, Abgeschlagenheit, Müdigkeit).
Wahrscheinlich gibt es Menschen, die besonders empfindliche Barorezeptoren besitzen. Vergleichbar wäre das mit dem Fibromyalgie Syndrom, bei dem es ganz generell zu einer Absenkung der Schwelle kommt.
Neben den starken Schwankungen des täglichen Drucks könnten auch schnellere Druckwellen für die Beschwerden verantwortlich sein. Diese entstehen, wenn verschiedene Luftmassen aneinander vorbeiströmen. Sie geraten in Schwingungen und es entstehen Wellen wie auf einer Wasseroberfläche.
Temperaturschwankungen
Durch Schwankungen der Temperatur wird jedoch auch einiges von unserer Regulation der Körpertemperatur verlangt.
Unser Körper befindet sich in einem andauernden Prozess der Anpassung, bei dem Produktion und Abfuhr von Wärme dauernd kontrolliert werden muss. Wir erzeugen beständig Wärme und benötigen gleichzeitig eine bestimmte Körpertemperatur für unser Wohlbefinden.
Durch vermehrte Arbeit, durch Wärmezittern, durch ein Abkühlen der Haut oder warme Kleidung können wir diese erhöhen. Durch ein Öffnen der Hautgefäße, Schwitzen oder leichte Kleidung kann sie gesenkt werden.
Beide Prozesse werden beständig engmaschig geregelt.
Dabei ergibt sich eine Besonderheit: Mit Kälte kommen wir vergleichsweise gut zurecht, mit Wärme nur bedingt.
Noch bei einer Körpertemperatur von 17°C (!), also einer Absenkung um 10°C, kann der Mensch überleben. Aber bei einer Steigerung um 5°C auf 42°C wird es bereits lebensgefährlich.
Dementsprechend sind Hitzewellen, vor allem gepaart mit Feuchtigkeit, geringer Windgeschwindigkeit und direkter Sonneneinstrahlung eine Gefahr, weil wir jetzt unsere überschüssige Wärme schlecht abführen können.
Temperatur ist nicht gleich Temperatur
Offenbar spielt nicht nur die objektiv messbare Temperatur der Luft eine Rolle. Entscheidend ist die „gefühlte Temperatur“, also die Temperatur, wie wir sie subjektiv wahrnehmen. Der Unterschied: hier gehen noch die Luftbewegung, die Strahlungswärme, die Bekleidung, die Tätigkeit und andere Faktoren in die Berechnung mit ein.
Diese „gefühlte Temperatur“ ist also noch genauer als der bekannte „wind-chill-factor“, der nur die Luftbewegung berücksichtigt. (Bei einem kräftigen Wind von 6 Windstärken und 0°C empfinden wir dies wie -17°C!)
Sferics
Haben Sie schon einmal ein Gewitter kommen gefühlt? Wenn ja, ist das kein Zeichen parapsychologischer Kräfte.
Gewitter lösen schwache elektromagnetische Impulse aus („Sferics“), die von empfindsamen Menschen registriert werden können - so das Ergebnis von EEG-Forschungen.
Solche Signale können Sie ganz einfach mit einem Radio feststellen. Sie verursachen (besonders im Bereich der Mittel- und Langweile) das unangenehme Knistern und Knacken.
Ob diese Signale für die Wetterfühligkeit verantwortlich sind, das wird sich erst noch zeigen müssen. Zumindest an einzelnen Probanden konnten die Auswirkungen der Sferics im EEG nachgewiesen werden, wenn diese auch keine Symptome (Migräne, Kopfschmerzen) verursachten. Insgesamt ist jedoch noch unklar, ob wirklich Sferics Wetterfühligkeit (teilweise) verursachen.
Krankheit der Kranken?
Möglicherweise liegt die Wahrheit dazwischen. Wer körperlich, seelisch und sozial völlig stabil ist und gleichzeitig auf ein körperliches Training achtet, wird von Wetterfühligkeit verschont bleiben.
Wer dagegen in einem labilen körperlichen oder seelischen Zustand ist, der wird möglicherweise bereits durch kleine äußere Stressoren wie Kälte, Wärm, Feuchtigkeit oder Sonnenstrahlung aus seinem Gleichgewicht geworfen werden.
Ähnlich verhält es sich mit Menschen, die ängstlich sich von allen Wettereinflüssen fernhalten. Sie verlieren einfach an Regulationsfähigkeit und werden so immer anfälliger für das, was sie eigentlich vermeiden möchten.
Wetter als Sündenbock?
Folgendes sei nicht verschwiegen: In zahlreichen Untersuchungen zeigt sich überhaupt keine Auswirkung des Wetters auf bestimmte Krankheiten. So zeigten etwa zwei Studien mit immerhin 981 und 171 Teilnehmern keine Wetterabhängigkeit von Rücken- oder Knieschmerzen.
In eine ähnliche Richtung zeigen auch andere Studien, die z.B. den Einfluss des Föhn messen.
Wenn Luftdruckschwankungen krank machen würden, dann müsste vom Skifahren abgeraten werden. Selbst starke meteorologische Druckänderungen sind nicht stärker als das, was einer Abfahrt von 400 Höhenmetern erlebt wird.
Ein großes Problem bei allen Studien: Es ist natürlich aus naheliegenden Gründen kaum möglich „doppelblinde und Placebo-kontrollierte“ Studien durchzuführen. Bei den Untersuchungen werden also nur die Betroffenen befragt. Bei solchen Befragungen werden nicht immer wissenschaftlich korrekte Schlüsse gezogen. So wird man mit allerhöchster Signifikanz einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Erdbeereis und dem Auftreten von Sonnenbrand herstellen können. Ähnlich verhält es sich mit grippalen Infekten und dem Konsum vom Zimtplätzchen.
Könnte es also sein, dass wir das Wetter zu Unrecht beschuldigen? Sitzen wir vielleicht einem sog. Nocebo-Effekt auf? Wir vermuten, dass uns das Wetter krank macht, also fühlen wir uns schlechter und damit nehmen automatisch bestimmte Beschwerden zu?
Viele Fragen, die noch nicht geklärt sind.
Therapie
Wer tatsächlich unter dem Wetter so leidet, dass die Lebensqualität eingeschränkt ist, der kann jedoch noch mehr tun.
Dem Wetter kann man nicht aus dem Weg gehen, und die meisten Menschen können auch schlecht das ganze Jahr auf den kanarischen Inseln verbringen.
Also heißt die Devise: Training! Es geht also darum, die vegetative Regulationsbreite des Körpers zu erhöhen, kurz, den Körper an die Schwankungen von Luftdruck, Temperatur usw. zu gewöhnen. Früher nannte man das etwas brutal „Abhärtung“.
Einfach aber wirksam
Die Devise heisst vor allem: Abhärten. Es ist möglich, den Umgang mit Hitze zu lernen! Man sollte also die Herausforderung annehmen und nicht versuchen, vor der Klimabelastung zu fliehen.
Hierzu kann man auf die altbewährten Verfahren vertrauen:
- Wechselduschen
- Sauna
- Kneipp-Anwendungen
- Spaziergänge im Freien bei jedem Wetter
- Fitnesstraining und Bewegung
- Gesunde Ernährung
- Ausreichend Schlaf
- Richtig entspannen lernen
- Sich nicht schonen
Das klingt vielleicht banal –es ist jedoch wirksam!
Was tun bei Hitze?
Was soll man also tun, wenn man in den Nachrichten von einem belastenden Biowetter hört?
Sich schonen und ins Haus zurückziehen?
Ja und nein! Sicherlich ist es nicht vernünftig, bei feucht-heißem Wetter die Laufschule zu schnüren. Es kann durchaus sinnvoll sein, sich dann eher zurückzuziehen. Dabei gilt bei heißem Wetter:
- Vor allem sehr viel trinken, am besten Wasser oder Mineralwasser.
- Da man beim Schwitzen viel Salz verliert, kann das Essen stärker gesalzen werden.
- Alkohol ist ungünstig, da es die Blutgefäße zu stark erweitert und den Blutdruck zusätzlich senkt.
- Kaltes Fuß- oder Armbad. (Vorsicht: in der Badewanne besteht Rutschgefahr!)
- Natürlich sollte man richtig lüften („Querlüften“) und keine dauernde Zugluft entstehen lassen. Am besten ist das Lüften morgens und abends außerhalb der Hitzezeiten!
- Spazierengehen sollte man als Allergiker in der Stadt am Morgen und auf dem Land am Abend. Dann ist die Pollenlast der Luft am geringsten.
- Pfefferminze hat einen kühlenden Effekt: Als Tee, als Öl und auch die Blätter.
Training und Therapie
Das Grundprinzip ist das Training der großen Regulationsachsen.
Besonders wichtig ist dabei die Wärme-Kälteregulation. Hier führen wir meist einen Wechsel aus Wärme- und Kälteanwendungen durch. D.h. Patienten wärmen sich in der Infrarotkammer auf (+70°C) und wechseln dann unmittelbar in eine Kältekammer (-80°C). Durch diesen Wechsel wird die Wärme-Kälteregulation maximal trainiert. Dieses Training hat eine überraschend schnelle Wirkung: Die meisten Patienten mit starker Kälteempfindlichkeit verlieren diese zum großen Teil innerhalb eines zweiwöchigen täglichen Trainings.
Der Magen-Darm-Trakt mit seinen rund 100 Millionen Neuronen ist einer der Zentren der vegetativen Regulation. Liegen Reizungen vor, so nimmt die Anfälligkeit für Regulationsstörungen zu. Dazu führen wir mit unseren Patienten einen Nahrungsaufbau durch.
Schlafhygiene: Kaum ein Faktor spielt für das Wohlbefinden und die innere Regulation eine größere Rolle als der erholsame gesunde Schlaf. Wir messen die tatsächliche Schlafqualität und leiten gezielte Verbesserungsmaßnahmen ein.
Körperliches Training: Viele Patienten können aus mancherlei Gründen nicht aktiv trainieren. Wir setzen auf ein spezielles Trainingssystem (Galileo), das in kurzer Zeit hohe Trainingseffekte bewirkt.
Massagen: Auch der Hautkontakt spielt für das Wohlbefinden eine bedeutsame Rolle. Je nach Beschwerden setzen wir verschiedene Verfahren ein.