Aufstoßen, Völlegefühle, Magenschmerzen
Das Reizmagensyndrom

Aufstoßen, Völlegefühl, Magendrücken, Magenschmerzen oder –Krämpfe, Sodbrennen und Übelkeit bis hin zum Erbrechen – das sind typische Beschwerden beim Reizmagensyndrom. Auch wenn es breite Überschneidungen zum Reizdarmsyndrom gibt, sind die Symptome doch nicht gleich.
Definition
Was ist ein Reizmagen?
Streng genommen ist die Bezeichnung „Reizmagen“ oder „Reizdarm“ überholt. Heute fasst man die Fülle der Beschwerden im Bereich des Magen-Darm-Traktes ohne körperlichen Befund zu den „funktionellen gastrointestinalen Beschwerden“ zusammen (gastrointestinal = den Magen-Darm-Trakt betreffend).
Was darunter genau zu verstehen ist, wurde bei einer Konferenz in Rom 1992 von den anwesenden Experten festgelegt und in der Folgezeit als die „Rom-Kriterien“ bezeichnet. 1999 und 2006 wurden diese überarbeitet und sind nun weltweit als Rom-II bzw. Rom-III-Kriterien anerkannt.
Hauptbeschwerden
Es gibt ein Spektrum von sechs Hauptbeschwerden:
- Symptome von Seiten der Speiseröhre
- Symptome von Seiten des Magens/Zwölffingerdarms
- Symptome von Seiten des Dickdarms (Reizdarmsyndrom)
- Bauchschmerzen
- Gallenblasenbeschwerden
- Enddarmbeschwerden.
In jeder dieser Kategorien gibt es wieder Untergliederungen.
Oberbauchbeschwerden
In der Gruppe der Magen-/Zwölffingerdarmbeschwerden finden sich folgende:
- Funktionelle Dyspepsie („Verdauungsstörung“)
- Postprandiales distress syndrom (Unwohlsein nach dem Essen)
- Oberbauch-Schmerzsyndrom
- Funktionelles Luftaufstoßen
- Luftschlucken
- Unspezifisches exzessives Luftaufstoßen
- Übelkeit und Erbrechen
- Chronische idiopathische Übelkeit (idiopathisch = ohne bekannte Ursache)
- Funktionelles Erbrechen
- Syndrom des zyklischen Erbrechens
Dyspepsie
Jede dieser Beschwerden ist genau definiert. Ausgangspunkt ist die Häufigkeit. Die Symptome sollten in der Hälfte der Zeit vorhanden sein. Gemeint sind damit drei Monate im letzten halben Jahr. Dann folgt eine Liste von Symptomen.
Man spricht beispielsweise von einer „Dyspepsie“, wenn folgende Bedingungen vorliegen:
Mindestens eines der folgenden Symptome tritt während des letzten halben Jahres über mindestens drei Monate auf:
- Unangenehmes Völlegefühl nach dem Essen
- Beschleunigtes Sättigungsgefühl
- Schmerzen im Oberbauch
- Brennen im Oberbauch
Auch wenn sich so dutzende verschiedener Krankheiten definieren lassen, überschneiden sich diese und es lassen sich vor allem die vielfältigen Krankheitsbilder auf wenige Ursachen reduzieren.
Häufigkeit
Häufigkeit
Die Symptomatik ist ausgesprochen häufig. Zwischen 20-40% der Bevölkerung soll darunter leiden. Beim Allgemeinarzt klagt etwa jeder 10. Patient über Verdauungsprobleme und beim Magen-Darm-Spezialist (Gastroenterologe) ist es jeder Dritte. Bei der Magenspiegelung ergibt sich jedoch genauso wenig ein Befund wie bei Laboruntersuchungen oder Ultraschall.
Etwa die Hälfte der Betroffenen sucht einen Arzt auf. Viele haben sich damit abgefunden oder haben resigniert, da die verschriebenen Medikamente nicht geholfen haben.
Prognose
In Bezug auf die Lebenserwartung ist der Reizmagen eine harmlose Erkrankung. Man kann damit alt werden. Weitaus ungünstiger fällt die Betrachtung aus, wenn man sich die Lebensqualität ansieht. Ein größerer Teil der Betroffenen fühlt sich durch die Symptome beeinträchtigt und bedroht.
Sie versuchen es immer wieder mit neuen Medikamenten. Anfänglich wird der Hausarzt aufgesucht, dann Fachärzte und Kliniken. Bleibt der Erfolg aus, soll Mutter Natur richten, was die Pharmaindustrie nicht schafft. Doch auch hier sind die Misserfolge häufig. Oft wird es anfangs besser, doch dann melden sich die vertrauten Symptome zurück.
Diagnostik
Bei der Diagnostik kommt es darauf an, ausreichend genau, aber nicht übertrieben viel zu diagnostizieren. Patienten, bei denen bereits drei Magenspiegelungen einen Normalbefund ergeben haben, sollten nicht unbedingt nochmals gespiegelt werden, sofern sich die Beschwerden nicht grundlegend geändert haben.
Zur angemessenen Diagnostik gehört vor allem das ausführliche Gespräch mit einem entsprechend erfahrenen Arzt. Meist lässt sich hier das Allermeiste klären.
Basis
Laboruntersuchungen sind der nächste Schritt. Eine Reihe von Werten gehören dazu: Blutbild, Blutsenkung oder CRP, Transaminasen, Kreatinin und Lipase. Auch der Helicobakter pylori kann im Blut oder Stuhl untersucht werden.
Auch die Ultraschalluntersuchung des Oberbauches ist sinnvoll und hat keine relevanten Nebenwirkungen.
Gastroskopie
Den besten Aufschluss über den Zustand des Magens liefert die Magenspiegelung. Nebenwirkungen sind sehr selten. Vor allem sollte eine Gastroskopie durchgeführt werden bei:
- Beschwerden erstmalig im Alter über 45 Jahre
- Ungewolltem Gewichtsverlust
- Magen-Darm-Blutungen
- Schluckstörungen
- Blutarmut durch Eisenmangel
- Anhaltendem Erbrechen
- Tastbaren Veränderungen im Oberbauch
- Magenkrebs/Speiseröhrenkrebs in der Familie
Ursachen
Entzündungen
Etwa jeder dritte Reizmagenpatient entwickelt die Beschwerden nach einem akuten Magen-Darm-Infekt. Die akuten Beschwerden nach einer Sommergrippe oder nach einer Nahrungsmittelvergiftung im exotischen Urlaubsland gehen zwar vorbei, zurück bleibt aber die erhöhte Empfindlichkeit. Hatte man früher kaum Beschwerden mit der Verdauung, reagiert nun der Magen mimosenhaft auf jede Belastung.
In der Schleimhaut finden sich bei diesen Patienten tatsächlich Zeichen einer leichten Entzündung. Möglichweise kommt es auch hier zu einem Teufelskreis. Durch die Entzündung sinkt die Reizschwelle, was zu einer sog. neurogenen (= durch die Nerven bedingten) Entzündung führen kann.
Helicobacter pylori
Etwa bei jedem dritten Erwachsenen in Deutschland findet sich im Magen ein Bakterium, das den Namen Helicobacter pylori trägt. Dieser Keim macht in den meisten Fällen keine Beschwerden. Doch manchmal führt seine Aktivität zu einem Magengeschwür.
Durch eine Kombination von 2 oder 3 verschiedenen Antibiotika mit einem Medikament, das die Magensäure hemmt, lassen sich Geschwüre erfolgreich behandeln.
Die Antibiotikatherapie des Magengeschwürs war eine der großen Fortschritte in der inneren Medizin der letzten Jahrzehnte.
Ermutigt durch die Erfolge beim Magengeschwür wurde immer wieder versucht, auch den Reizmagen mit Antibiotika zu behandeln. Doch die Erfolge blieben aus. Ein Zusammenhang mit dem Übeltäter Helicobacter ließ sich nicht nachweisen.
Motorik
Es ist gut untersucht, dass bei Reizmagen- und Reizdarmbeschwerden die Bewegungen des Magen-Darm-Traktes verändert sind. Im Magen bleibt die Nahrung bei etwa 40% der Betroffenen zu lange liegen. Konsequenzen sind Völlegefühl und Appetitlosigkeit.
Im Darm bewegt sich der Nahrungsbrei dagegen häufig zu rasch, bevor die Nahrungsbestandteile ins Blut aufgenommen wurden. Es kommt nun zu einem Überangebot an Nahrungskalorien im unteren Dünndarm und Dickdarm. Bakterienwachstum und Gasproduktion nehmen zu. Blähungen sind die Folge. Gleichzeitig kann der Betroffene vermehrte Darmbewegungen und Geräusche im Bauchraum wahrnehmen.
Ich sehe die vermehrte Darmbewegung als Folge der vermehrten Sensibilität an. Dabei ergibt sich leicht ein Teufelskreis. Durch die erhöhten Darmbewegungen und Darmgase kommt es zu einer Zunahme der Empfindlichkeit, also einer Senkung der Reizschwelle. Dies verstärkt die Motorik usw.
Magensäure
Lange Zeit wurde die Magensäure als die Alleinschuldige angesehen. Doch tatsächlich findet sich eine vermehrte Produktion von Magensäure eher selten. Der Magen reagiert schneller „angesäuert“, wenn er mit seiner eigenen Salzsäure in Kontakt gerät.
Sensibilität
Liest man medizinische Fachartikel, so beginnt das Kapitel zu den Ursachen in der Regel mit dem Hinweis, dass die Herkunft der Beschwerden „unklar“, „komplex“ oder „noch nicht verstanden“ sei.
Eines der wichtigsten Ergebnisse ergab sich aus Dehnungsversuchen des Magen-Darm-Traktes. Dazu wurde eine Magenspiegelung durchgeführt und ein kleiner Ballon aufgeblasen, der sich an der Spitze des Endoskops befand. Auf dies Weise war es möglich, Speiseröhre, Magen oder Zwölffingerdarm gezielt aufzudehnen. Die interessante Frage war, wie reagieren Patienten mit Reizmagenbeschwerden auf diesen Dehnungsreiz?
Wenn Sie sich bereits ein wenig mit Fibromyalgie und verwandten funktionellen Störungen beschäftigt haben, werden Sie vom Ergebnis kaum überrascht sein. Patienten mit Reizmagen- und Reizdarmbeschwerden reagierten weitaus sensibler als Kontrollpatienten. Kurz, sie wiesen eine erhöhte Empfindlichkeit des Magen-Darm-Traktes auf.
Vieles deutet darauf hin, dass eine ganze Kaskade von erhöhter Sensibilität die Beschwerden erklärt und damit große Ähnlichkeiten mit chronischem Schmerz aufweist. Sie beginnt bei den Nerven von Magen und Darm, setzt sich im Rückenmark fort und endet in übermäßiger Gehirnaktivierung, wie sich mit modernen Untersuchungstechniken (fMRT) feststellen lässt. Daneben wird eine fehlende Dämpfung der Reizflut im Rückenmark diskutiert, ganz wie dies bei Schmerzerkrankungen bekannt ist.
Diese erhöhte Sensibilität bezieht sich nicht nur auf Dehnreize. Der Verdauungskanal scheint auch auf seine eigenen Bewegungen, Säurereize, Gallenflüssigkeit oder Nahrungsmittel übermäßig zu reagieren.
Genetik
Zwillingsuntersuchungen zeigen, dass genetische Faktoren bei funktionellen Magen-Darm-Störungen eine Rolle spielen. Dabei ist nicht ein einzelnes Gen verändert. Erst die Kombination von verschiedenen Erbeigenschaften ergibt eine höhere Anfälligkeit für die Symptomatik. Interessanterweise scheinen diejenigen Gene von besonderer Bedeutung zu sein, die in den Serotoninstoffwechsel eingreifen. So erklärt sich möglicher Weise, warum ein Reizmagen/-darm gehäuft mit Angsterkrankungen oder Depressionen einhergeht. Krankheiten, bei denen Serotonin-Veränderungen beschrieben sind.
Biographie
Je ungünstiger die frühe Entwicklung eines Menschen verlaufen ist, desto anfälliger ist er für eine Reizmagensymptomatik. Das können schwere Schicksalsschläge, körperliche/seelische Übergriffe, fehlende Geborgenheit, Unsicherheit oder andere Formen der Beeinträchtigung sein. Auch überängstliche Eltern, die sich zu sehr um kleinste Beschwerden eines Kindes sorgen, können die Aufmerksamkeit für dessen Befindlichkeitsstörungen erhöhen.
Ebenso beeinflusst das Gesundheitsverhalten der Eltern einen neuen Erdenbürger. Geht man eher häufig oder selten zum Arzt? Stehen körperliche Beeinträchtigungen im Mittelpunkt der Gespräche? Haben Magenbeschwerden eine erhöhte Bedeutung, weil ein Familienmitglied an einem lange Zeit nicht erkannten Magenkrebs verstorben ist? usw.
Schlafstörungen
Kaum etwas beeinflusst das Wohlbefinden so sehr wie der Schlaf. Einige Nächte voll von unruhigem, sorgenvollem, oberflächlichem Schlaf, der immer wieder durch Wachphasen unterbrochen wird, macht Menschen reizbar und gedrückt, beeinflusst die Lebensqualität und die Leistungsfähigkeit.
Untersuchungen zeigen, dass sich der Schlaf auch auf Magen und Darm auswirkt. Je erholsamer der Schlaf, desto ruhiger und entspannter verhält sich auch der Verdauungstrakt. Fühlt man sich jedoch morgens zerschlagen, dann reagiert auch der Magen verstimmt.
Mehr zum Thema Schlafstörungen
Anspannung und Angst
Wesentlich für die Beschwerden ist die Bedeutung, die sich mit den Symptomen verbindet. Nach einer überschweren Mahlzeit leiden die meisten Menschen unter einer erhöhten Last mit dem Leib. Doch diese ist erklärlich und löst höchstens Sorgen wegen der Folgen für die schlanke Linie aus.
Anders jedoch, wenn unerklärliche Beschwerden nach einer normalen Mahlzeit auftreten. Richtet sich dann die Aufmerksamkeit voller Bedenken auf den Bauch, führt dies zu einem unwillkürlichen Absinken der Reizschwelle. Kommt nun die Angst vor einer schlimmen Krankheit, z.B. Magenkrebs, hinzu, ergibt sich leicht ein Zirkel von erhöhter Aufmerksamkeit, Angst, Absinken der Reizschwelle und vermehrten Symptomen.
Ungünstig ist auch, wenn Ärzte gefährlich klingende Verdachtsdiagnosen stellen oder immer neue Untersuchungen nur weitere Unsicherheit nach sich zieht.
Therapie
Therapie
Hintergrund der Beschwerden - das wurde oben dargestellt - ist vor allem die erhöhte Sensibilität des Verdauungstraktes. Man kann die Empfindlichkeit zwar derzeitig nur schwer darstellen, ihre Auswirkungen sind jedoch sehr real. Nahrung wird zu langsam oder zu schnell transportiert, Bakterien vermehren sich übermäßig, Gase verursachen eine Überblähung des Darms, Verstopfung oder Durchfall sind die Folge.
Die ursächliche Therapie ist die Anhebung der Reizschwelle. Dies ist durch Medikamente alleine meist nicht erreichbar. Sinnvoll sind multimodale Therapien, bei denen auf vielfältige Weise versucht wird, die übermäßige Empfindlichkeit zu begrenzen. Wie dies allgemein geschieht, wird im Therapieteil ausführlich dargestellt.
Dennoch hier einige spezifische Hinweise zur Therapie des Reizmagens.
Medikamente: Protonenpumpenhemmer
Wie erwähnt macht es überhaupt keinen Sinn, Antibiotika gegen Helicobacter einzunehmen, da dieser Keim zwar Magengeschwüre, nicht jedoch einen Reizmagen verursacht.
Beim Reizmagen liegt auch keine vermehrte Säureproduktion vor. Die Säureproduktion zu reduzieren, erscheint daher nicht sinnvoll zu sein, da ja nur eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber der Säure vorhanden ist.
Dennoch kann ein sog. Protonenpumpenhemmer, ein Medikament, das die Säurebildung hemmt, zumindest zeitweise Erleichterung verschaffen. Ist weniger Salzsäure im Magen, reagieren die sensiblen Nerven weniger gereizt. Omeprazol ist der am häufigsten verschriebene Wirkstoff. Es gibt Studien, die eine Überlegenheit von Omeprazol gegenüber Placebos zeigen. Das gilt besonders, wenn Sodbrennen vorhanden ist. Allerdings darf die Wirksamkeit auch nicht überschätzt werden. Der Effekt ist nicht sehr ausgeprägt. Dass ausgerechnet Bauchschmerzen, Brechreiz, Blähungen und Durchfall zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen, muss allerdings einschränkend erwähnt werden.
Die Säurekiller sind daher nicht als Dauermedikation geeignet und eher etwas für schlechte Tage.
Prokinetika
Eine andere Substanzklasse versucht, die Bewegung im Magen-Darm-Trakt zu beeinflussen. Man bezeichnet sie als Prokinetika (Kinetik = Bewegung). Zwar gibt es kleinere Studien mit positiver Wirkung, doch ist deren Qualität weniger gut und es fehlen Langzeitergebnisse.
Auch Metoclopramid beeinflusst die Motorik des Magens. Allerdings wird nicht nur der Verdauungstrakt, sondern auch die Bewegung anderer Muskeln beeinflusst. Bis zu 10% der Behandelten bekommen Bewegungsstörungen, Müdigkeit, Unruhe, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen. Eine Langzeitanwendung ist ungünstig, da nach längerer Einnahme bleibende Bewegungsstörungen (sog. Spätdyskinesien) nicht ausgeschlossen sind.
Antidepressiva
Antidepressiva führen einigen Studien zufolge zu einer Besserung der Symptomatik. Da Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit und Verstopfung gerade in höherer Dosis sehr verbreitet sind, empfiehlt sich eine sehr niedrige Dosis.
Pflanzliches
Pflanzliche Hausmittel haben in der Regel weniger schädliche Nebenwirkungen. Am bekanntesten sind Kamille und Pfefferminze, für deren Wirksamkeit auch wissenschaftliche Studien vorliegen. Ebenso effektiv ist Ingwer. Ingwerwurzel ca. 10 Minuten gekocht ist nicht nur wohlschmeckend, sondern vertreibt auch die Übelkeit.
Andere Hausmittel sind etwa Kümmel oder Bitterstoffe wie Wermut-Tee. (Merkspruch: „Was bitter dem Mund, ist dem Magen gesund“).
Wärme
Eine Wärmeflasche auf dem Magen ist oft eine hervorragende Soforthilfe. Alternativ kann man einen warmen Wickel versuchen. Dazu benötigt man mindestens zwei, besser drei Handtücher. Ein kleines wird mit kochendem Wasser übergossen. Er soll nur gut feucht, nicht nass sein. Sobald die Temperatur angenehm ist, wird das heiße Handtuch auf den Bauch gelegt und der Leib mit einem trockenen Handtuch umwickelt. Das dritte Handtuch schützt die Matratze. So einige Zeit im Bett entspannt kann eine Wohltat sein.
Auch hier gilt, keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Zu heiße Wärmflasche oder Wickel können zu unschönen, netzartigen braunen Verfärbungen auf der Bauchhaut führen.
Ernährung
Wer unter einem Reizmagen leidet, wird feststellen, dass Kaffee, Alkohol, scharf Gewürztes, Gebratenes oder Süßes dem Wohlbefinden nicht dienlich sind. Erstaunlicherweise ist „gesunde“ Nahrung jedoch ebenso unbekömmlich. Grobes Gemüse, frische Salate und Vollkornprodukte liegen schwer im Magen und können schmerzhafte Blähungen verursachen.
Während das Ungesunde die Säure lockt, führt die gesunde Kost zu stärkeren Dehnreizen. Beides schätzt der Magen im akuten Stadium nicht. Gerade bei heftigen Beschwerden wird daher wenig reizende und gekochte Nahrung am besten vertragen. Der altbewährte Haferschleim ist als erstes zu nennen. Sehr empfehlenswert ist daher eine konsequente Schonkost über einige Tage, die dann stufenweise erweitert wird.
Die Ernährung sollte bei ausgeprägten Beschwerden stufenweise von einer Schonkost langsam zu einer gesunden und dann auch verträglichen Kost aufgebaut werden. Dazu haben wir eine detailliertes Ernährungsprogramm auch in Buchform.
Vieles finden Sie jedoch bereits hier auf diesen Seiten: Zum Ernährungsaufbau.
Umfassende Therapie
Bei den meisten Betroffenen liegt nicht nur eine Reizmagen-Symptomatik vor, sondern meist auch eine erhöhte Sensibilität in anderen Bereichen: Lärmempfindlichkeit, Lichtempfindlichkeit, vermehrte Schmerzen und eine erhöhte Wahrnehmung der inneren Organe (Reizdarm, Reizblase, Unterleibsschmerzen usw.) vermehrte Kälte- oder Wärmeempfindlichkeit (Frieren, Frösteln, Schwitzen).
Dies ist Ausdruck einer zentralen Sensitivierung, d.h. (fast) das gesamte Sinnessystem kann überempfindlich werden.
Hauptproblem der Therapie ist die Tatsache, dass die Reizmagenbeschwerden für sich allein meist nur unzureichend behandelt werden können. Wie bei anderen Formen der gesteigerten Sensibilität sind multimodale Behandlungen notwendig. Dabei nützt man die Tatsache, dass die verschiedenen sensorischen Qualitäten meist nicht unabhängig voneinander sind. D.h. lässt die Schmerzempfindlichkeit, die Lichtempfindlichkeit usw. und die Angst nach, dann wird auch die Geruchsüberempfindlichkeit besser.
Diese Tatsache machte sich bereits Pfarrer Kneipp zu nutze. Er behandelte unterschiedliche Krankheiten mit Wärme- und Kälteanwendungen. Mit dieser „Abhärtung“ konnte er nicht nur die Reizschwelle der Kälte- und Wärmesensoren, sondern die allgemeine Reizschwelle anheben.
Selbstverständlich muss eine Therapie individuell geplant werden. Ein Überblick zur multimodalen Therapie findet sich z.B. beim Thema "Reizdarm" oder „Fibromyalgie“.